Wie ist das: Nichts zu sehen?
Was sieht man eigentlich wenn man nichts sieht? So oder so ähnlich werde ich immer wieder einmal befragt. Was soll ich sehen? Wenn ich nichts sehe! Da diese Frage nicht ganz so einfach zu beantworten ist, möchte ich hier mal einen kleinen Dialog voranstellen:
Sie sind also blind, können nichts sehen? Ja, ich sehe nichts. Oh, also Sie sehen gar nichts? Nein, gar nichts. Hmm, also Sie sehen kein bisschen Licht oder Farben? Nein, kein Licht keine Farben, einfach alles dunkel!
Tja, und selbst nach so ausführlicher Verneinung klingt oft noch ein wenig Ungläubigkeit in das folgende Schweigen. Was aber nur noch deutlicher macht, wie schwer es für viele Menschen ist, sich Blindheit vorzustellen und wie weit weg sich diese Situation vom eigenen Erleben befindet. Ganz ehrlich, bisweilen frage ich mich in diesen Momenten: Wie viele Varianten von „nichts“ gibt es eigentlich? 😉
Ich muss den Leuten vielleicht zugutehalten, dass es ja tatsächlich mehrere Formen von Blindheit gibt, nur eben nicht von „nichts“! Dazu sollte man wissen, dass es ja auch viele verschiedene Arten gibt, zu erblinden. Da sind zum einem die Geburtsblinden, meist ausgelöst durch zu viel Sauerstoff im Brutkasten. Andere erblinden durch Krankheiten wie: Diabetes, Retinitis-Pigmentosa, Grauen- oder Grünen Star. Jede dieser Krankheiten wirkt sich unterschiedlich auf das Sehen, beziehungsweise nicht sehen aus. Einige können noch hell oder dunkel sehen, manche sehen einfach nur einen Brei aus Licht und Farben, andere sehen nur einen Ausschnitt oder ihr Blickfeld ist auf andere Art eingeschränkt. Mit anderen Worten, viele Blinde sehen noch ein wenig, zwar ganz unterschiedlich viel, aber nie genug um damit noch wirklich etwas anfangen zu können, beziehungsweise ohne Hilfen auszukommen.
Beim nichts sehen gibt es kein Wenn und Aber!
Ich hingegen sehe eben, aufgrund einer Quetschung meines Sehnervs, was einer Durchtrennung gleichkommt, gar nichts mehr. Anfangs, dass klingt jetzt vielleicht ein wenig seltsam, war ich auch ganz froh darüber. Du fragst dich: „Warum denn das?“ Nun, ganz einfach, so war das eine klare Sache. Es gab kein Wenn und Aber. Hätte ich hingegen noch ein wenig gesehen, aber doch zu wenig um etwas damit anfangen zu können, hätte ich mich sicher noch schwerer getan die Blindheit zu akzeptieren und zu versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Heute sehe ich das wieder ein bisschen anders, denn jedes Bisschen das man sieht, kann einem vielleicht ein wenig weiterhelfen, andererseits blieb mir auch keine Wahl. 😉 Ich hatte nur noch ein tiefes Schwarz vor Augen, undurchdringlich, morgens wie Abends und das sollte auch lange so bleiben.
Erst in der Reha, keine Ahnung warum und wie, ich vermute mal aus einem Funken unbezwinglicher Hoffnung, entstand ein kleiner weiser Punkt vor meinem inneren Auge. Zuerst dachte ich tatsächlich es könnte Licht sein und ich müsste mich nur etwas besser konzentrieren, doch es half alles nichts, es blieb wie es war, und dass machte mir in dieser Zeit erneut zu schaffen. Ich schöpfte zwar neue Hoffnung, doch diese wurde nicht erfüllt, meine Enttäuschung war umso größer.
Interessant daran: Ich konnte sehen zu was das Gehirn in der Lage ist. Es gaukelte mir etwas vor, obwohl da gar nichts war. Heute habe ich am Tag oft einen hellen, Grauweisen Nebel vor meinem inneren Auge und in der Nacht ist es meist dunkel. Diese Bilder schwanken in ihrer Intensität und sind abhängig von meiner Gemütslage. Fakt ist: Ich sehe nichts, GAR NICHTS! 😉
Kleiner Witz am Rande: Zwei Musiker stehen in der Fußgängerzone um Musik zu machen. Der eine ist blind der andere taub. Fragt der Taube den Blinden: „Spielen wir schon?“ Entgegnet der Blinde: „Wieso, tanzen sie schon?“ Du kanntest diesen Witz schon? Macht nichts, ich finde ihn köstlich. 😉
Lieber David!
Luise Sommer hat mich auf Deinen Blog gebracht und ich verspreche: ich schau‘ wieder mal vorbei. Danke, dass Du mir „Einblick“ gewährst, in Deine Welt.
Herzlichst
Sissy
Liebe Sissy, vielen Dank für deinen netten Kommentar! Ich würde mich natürlich sehr freuen, dich öfter auf meiner Seite begrüßen zu dürfen. Bis dahin alles Gute! David
Hallo, es ist toll das du hier diesen Block hast.
Ein kleiner Einblick in das Leben eines nicht Sehenden.
Ich bewundere diese Menschen.
❤️Dank für deinen Block . Gerne werde ich immer wieder mal vorbei schauen.
???
Hallo Christa, vielen Dank für deinen netten Kommentar, und für das tolle Lob! Ich würde mich sehr freuen dich immer wieder einmal auf meiner Seite begrüßen zu dürfen! 🙂