Stadtbesichtigung einmal anders
Das Wetter an Pfingsten war ja wieder einmal sehr durchwachsen. An einem Tag hätte ich beim Spazierengehen fast Handschuhe gebraucht und am Nächsten saß ich bei Sonnenschein im T-Shirt auf der Terrasse. Doch das wechselhafte Wetter konnte unsere Familie nicht davon abhalten etwas gemeinsam zu unternehmen. Wir wollten die Region ein wenig besser kennen lernen: Was gibt es schöneres als eine Stadtbesichtigung.
Wie es der Zufall wollte wurden wir just zu dieser Zeit von Freunden zum Abendessen nach Landshut eingeladen. Das traf sich gut! Meine Devise: Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden, schließlich galt es über 100 Kilometer zurückzulegen. Vielleicht denkst du jetzt: Bei David zeigt sich wieder der Schwabe. Klar! Freizeit-Aktionen verbinde ich gern mit anderen Gelegenheiten. Wie in diesem Fall: Eine Grillfeier bei Freunden, mit einer Stadtbesichtigung in Landshut. 😉
Glücklicherweise meinte es Petrus gut mit uns und sorgte für warmes und sonniges Wetter. Um den Tag so gut wie möglich auszukosten sind wir gleich nach dem Frühstück aufgebrochen und hatten nach knapp einer Stunde das Landshuter Altstadt-Zentrum erreicht. Da wir uns nicht auskannten steuerte meine Frau den ersten Parkplatz an und von dort aus ging es schnurstracks in die Fußgängerzone. Wir schlenderten an Geschäften und Lokalen vorbei und ließen das vormittägliche Treiben auf uns wirken. So gut es ging versuchte meine Frau mir zu beschreiben was alles um uns herum war. Sie erzählte mir von unterschiedlich hohen und bunten Häuser mit schönen Stukkverziehrungen, den Namen der Geschäfte, Läden und Restaurants und so manches andere. Wir spazierten über Brücken, überquerten dabei die Isar und gingen durch enge Gässchen mit Häusern deren Wände abgestützt werden, um sie vor dem Einsturz zu bewahren. Bevor wir uns versahen hatten wir den Stadtkern umrundet. Alles in allem ein sehr schöner und sympathischer Ort, mit einem angenehmen Flair. 🙂
Vor dem Treffen mit unseren Freunden war noch genügend Zeit, also nutzte ich meine App um mich über weitere Sehenswürdigkeiten in der Umgebung zu informieren. Ich öffnete die APP von Blindsquare, betätigte den Schalter für die Sehenswürdigkeiten und schon wurde einiges angezeigt, unter anderem das Schloss: Trausnitz, welches in der verfügbaren Zeit noch gut zu Fuß erreichbar schien. Wir wollten unserer Stadtbesichtigung noch eine Attraktion hinzufügen und machten uns auf den Weg. Doch vorher galt es noch eine Kleinigkeit zu essen, schließlich musste unser Energiespeicher wieder aufgefüllt werden. Ganz in der Nähe befand sich ein Imbiss mit Pizza und Döner, so war für jeden etwas dabei und alle waren zufrieden. Das diese Stärkung dringend nötig war sollten wir im Anschluss noch feststellen! 😉
Als wir das Schloss, oder besser die Zufahrt zum Schloss erreichten, stellte sich heraus das eine ziemliche Strapaze auf uns wartete. Weder das Schloss noch der Weg dorthin war von unten einsehbar, deshalb ließen wir uns von der anfänglichen Steilheit und Unebenheit des Weges kaum abschrecken. Erst nach mehr als der Hälfte des Aufstiegs wurden wir uns dieser Fehleinschätzung bewusst, doch da war es schon zu spät und es gab kein Zurück mehr. 😉
Jetzt wirst du vielleicht denken: So schlimm kann es doch nicht gewesen sein. Mag sein, doch ich möchte zu bedenken geben, dass es 25 Grad im Schatten hatte und die Sonne unerbittlich auf uns runter knallte! Wir waren alle ziemlich erschöpft als wir oben ankamen. Zum Glück wehte uns dort ein frisches Lüftchen um die Nase und kühlte unsere Körper und Gemüt wieder etwas ab. Durch das Mittelalterliche Gemäuer klangen Gesänge und Klänge einer Hochzeitsgesellschaft, wodurch sich bei uns allen ein erhabenes Gefühl einstellte. Dennoch, mir graute vor dem langen Rückweg.
Als wir bei unseren Freunden eintrafen und von unserer Stadtbesichtigung erzählten, fragte mich mein Freund Günther erstaunt, was ich denn von so einer Stadtbesichtigung hätte, schließlich könnte ich das alles doch gar nicht sehen. Klar, einerseits hat er Recht, doch andererseits auch wieder nicht. Jede Stadt hat doch ihren ganz eigenen Flair und den kann ich hören, riechen und spüren! Sicherlich können die Augen einem einen guten Überblick von der Umgebung verschaffen und tolle Eindrücke vermitteln, doch ohne die Wahrnehmung der anderen Sinne würden wir uns schwer tun eine Beziehung zu dem Ort herzustellen und dies in unserer Erinnerung abzuspeichern. Gut, die anderen Sinne sind begrenzt, können uns nur Eindrücke von unserer unmittelbaren Umgebung liefern, doch diese dafür umso intensiver! 😉
Die Wahrnehmung einer Stadtbesichtigung
Was also nehme ich tatsächlich wahr, wenn ich an einen unbekannten Ort komme? Nun, als erstes versuche ich herauszufinden wie dieser Ort riecht: Riecht es frisch, nach Natur, Bäumen und Blumen oder eher nach Staub, Schmutz, Müll und Abgasen? Dann nutze ich meine Ohren: Ist viel Verkehr zu hören, sind viele Menschen auf den Wegen unterwegs, oder ist es eher ruhig und beschaulich. Zu guter Letzt, erspüre ich den Boden auf dem ich stehe oder gehe, ist er geteert, mit Kies oder mit Steinen gepflastert. Wenn ich mit meiner Begleitung die Straßen entlanggehe, versuche ich herauszufinden ob die Straße eng, die Gebäude dicht oder mit großen Abstand zueinander stehen, die Häuser eher niedrig oder hoch sind, ob es viele Geschäfte und Restaurants gibt oder ich mich in einer Vorstadt-Siedlung mit Wohnhäuser befinde. Je nach dem, steigt mir der Duft von Bäumen, Blumen oder die Gerüche aus den Speiselokalen in die Nase. All das wird zu einem Gesamtbild in meinem Kopf und gemeinsam mit dem was mir meine Begleitung erzählt gewinne ich einen Eindruck von dem Ort an dem ich mich befinde. Somit habe auch ich durchaus etwas von einer Stadtbesichtigung.
Ohne unsere Sinne wären die Eindrücke für uns alle unvollständig und ein wesentlicher Teil würde fehlen. Ich bin der Überzeugung, dass für die Erinnerung und das Gefühl welches man mit einem Ort verbindet viel weniger vom Sehen geprägt wird. Erst das Hören, Riechen, Tasten und Schmecken ermöglicht uns die Empfindung! Zum Glück habe ich auch noch gute Erinnerungen von Orten und Dingen, sodass ich daraus ein ganz neues Bild in meinem Kopf entwickeln kann und so eine ganz eigene Vorstellung von dem Ort erhalte. Die stimmt zwar sicherlich nicht mit der Wirklichkeit überein, doch am Ende ist mir das egal. Hauptsache ich kann mich später wieder daran erinnern. 😉
Fazit: Ob sehend oder nicht ist bei einer Stadtbesichtigung nicht so wichtig. Entscheidender ist doch, alle zur Verfügung stehenden Sinne mit einzubeziehen. Wie man sich später daran erinnert und was man mit dieser Erinnerung verbindet hängt von jedem selbst ab! 🙂