Ordnung ist das halbe Leben
Ordnung ist das halbe Leben, oder heißt es: „Wer suchet der findet“. Ich würd sogar noch weiter gehen, Ordnung ist das ganze Leben, zumindest für uns Blinde. 😉
Die Richtigkeit dieser Lebensweisheit zeigt sich allerdings meistens erst dann, wenn ich mal wieder dagegen verstoßen habe. Letzten Mittag suchte ich verzweifelt meinen MP3-Player. Im Rucksack war er nicht, wie kann das sein, Ordnung ist doch eine meiner Grundtugenden? Wie sich hinterher herausstellte hatte ich ihn zwei Tage vorher versehentlich aus dem Rucksack genommen und nicht wieder zurückgelegt. Halb so wild wirst du sagen. Stimmt, doch die Konsequenz war, ich musste meinen Mittag ohne Hörbuch verbringen! 🙁
Für mich sind solche Momente besonders ärgerlich. Ich halte mich für einen sehr ordentlichen Menschen, und wenn dann doch: „Ein Griff und die Suche kann beginnen“, zur Anwendung kommt, ist die Verzweiflung groß. Du denkst, ich soll mich nicht so haben. Früher oder später taucht alles wieder auf, ein Haus verliert schließlich nichts, hast du natürlich Recht. Doch für mich ist Suchen vertane Zeit. Zeit die ich sinnvoller verbringen kann!
Ordnung braucht keine „Fahndung“.
Richtig übel wird es immer dann, wenn ich das Gefühl habe, der Grund etwas nicht zu finden liegt allein daran, blind zu sein! Also der Moment an dem ich denke, könnte ich sehen, würde ich das Gesuchte auch schnell wiederfinden. Zum Beispiel die Fernbedienung die einer der Familienmitglieder unabsichtlich nicht mehr an ihren „angestammten“ Platz zurück legt. Da hilft auch die eigene Ordnung nichts, wenn sich niemand nicht daran hält.
Für einen Sehenden ist das natürlich kein Problem. Der lässt einmal seinen Blick durch das Zimmer schweifen, und Schwupps, da ist das Gesuchte auch schon gefunden. Ich hingegen hab vorher das halbe Zimmer auf den Kopf gestellt, alles mit den Fingern abgetastet, und manchmal hätte es mich beinahe gebissen. Stattdessen taste ich jedes Mal um eine Haaresbreite daneben. Momente, wo ich schon mal verzweifeln könnte. 😉
Andererseits werden dadurch meine detektivischen Fähigkeiten geschult. Und bei jeder neuen „Fahndung“ kommt ein neuer Fundort den ich bei der nächsten Suche miteinbeziehen kann. Ein weiterer Vorteil: Ich entdecke immer wieder Dinge an die ich schon lange nicht mehr gedacht hatte und freue mich sie wiederentdeckt zu haben. Bisweilen stoße ich auch auf Dinge die ich besser nicht entdecken möchte, wie Unordnung oder Schmutz. 🙂
Für die Ordnung oder auch die Unordnung der anderen kann ich nichts, zumindest nicht viel tun. Viel wichtiger ist es die eigenen Bereiche in Ordnung zu halten und mit gutem Beispiel voranzugehen. Darüber hinaus haben wir in der Familie einige Dinge festgelegt, die immer am gleichen Ort liegen sollten, beziehungsweise für mich dort zu finden sind. So vergeude ich weniger Zeit beim Suchen und muss mich nicht unnötig ärgern.
Kinder sind Genies und brauchen keine Ordnung.
Früher, als die Kinder noch kleiner waren war das alles ein wenig anders. Eltern wissen das: Da gibt es nur einen Bereich, den der Kinder. Da ist es schon vor gekommen das ich über Spielzeug, dass mitten im Raum herumlag stolperte. Oder wenn die Kinder den MP3-Player, die Fernbedienung oder eine CD als Spielzeug sahen und die Dinge in den Spielzeugkisten verschwanden. 🙂
Heute hat jeder, mehr oder weniger, seinen eigenen Bereich für den er zuständig ist und wir kommen uns kaum noch in die Quere. Stolpere ich dennoch einmal über die Unordnung meiner Kinder, versuche ich, was mir nicht schwer fällt, darüber hinwegzusehen. Hauptsache ist doch, dass meine „Genies“ über ihr Chaos herrschen, um alles andere kümmere ich mich nicht mehr! Natürlich sieht es bei uns nicht aus, wie bei „Hempels unterm Sofa“. Bei Familie Röthle halten natürlich alle Ordnung, eben jeder auf seine Art und Weise. 😉
Da ich kein Chaos-Genie bin und schon als Kind auf Ordnung wert legte, verpacke ich alles in Kisten, Ordnern, Schubladen und Regale. So hat jedes Ding seinen Platz und was zusammen gehört steht auch beieinander. Alles was nicht durch fühlen zu unterscheiden ist und trotzdem auseinandergehalten werden muss, zum Beispiel Musik- oder Hörbuch-CDs, CD-ROMs oder Punktschrift-Ordner, wird mit Punktschrift-Aufklebern versehen.
Genauso verfahre ich mit meinen Dateien auf dem Computer. Alles ist in Kategorien, Ordnern und Unterordnern unterteilt, damit ich Dokumente schnell und einfach finde. Naja, zumindest meistens. Manchmal scheint mir der Rechner einen Streich zu spielen und verschiebt Dateien an ungewöhnliche Stellen, oder speichert Daten gar ins Nirwana. 🙂
Denkst du ich bin ein Spießer? OK, meiner Familie geh ich mit meinem „Ordnungstick“ schon mal auf den Wecker, doch meistens, so denke ich jedenfalls, erleichtert es den Alltag. Ich denke ein gesundes Maß an Unordnung kann nicht schaden, und soll ja auch die Kreativität fördern. Wie dem auch sei, ich brauche Struktur und Ordnung. Als Blinder kann ich mir Chaos einfach nicht leisten. Und wenn ich es mit meiner Ordnung mal schleifen lasse, bereue ich es hinterher. 😉
Fakt ist: Jeder muss sich in seinem Leben so einrichten, dass er sich wohl fühlt. Für manche Menschen bedeutet das im Chaos zu leben und dann gibt es eben noch die Ordnungsfanatiker. „Nobody ist perfect“.
„Wer suchet der findet!“ David, dass kann auch für Sehende ein schwieriges Unterfangen sein. „Manchmal sieht man das Ding vor lauter Dinge nicht“, jedenfalls trifft das auf mich zu!
Ich teile deine Ansicht: Ein gewisses Maß an Ordnung kann nie schaden. In der Regel halte ich mich auch daran. Wie du, liebe auch ich es, wenn alles seinen Platz hat. Bei alltäglichen Dingen ist das auch leicht einzuhalten: Halsband und Hundeleine hängt nach dem Gassi gehen immer am Metallregal vor der Haustür und den Haustürschlüssel stecke ich innen in die Haustür. Alles eine Frage der Gewohnheit.
Schwieriger wird es bei Dingen die ich nicht täglich oder nur zeitweise brauche. Zum Beispiel im Sommer, wenn Gartenarbeit ansteht. Wo war noch gleich die Gartenschere? Ich hatte sie doch gestern noch in der Hand. Wo habe ich sie nur hingelegt? Das kann doch jetzt wirklich nicht sein. Doch leider schon! Inzwischen besitze ich fünf an der Zahl, was meine Chancen, eine zu finden enorm steigert.
Ganz arg wird es, wenn es um Dinge geht, die ich wirklich nur selten brauche. Da überliste ich mich gerne. Überlege vorher genau wo ich das „Ding“ verstauen könnte, damit ich es auf jeden Fall finde, wenn ich es brauche. Wenn´s dann soweit ist, bricht Panik aus, denn ich habe vergessen wohin ich es verstaut (versteckt) habe. Kein Scherz, dass ist mir schon öfters passiert.
Dann gibt es noch das verzweifelte Suchen in der Handtasche. Ich denke, dieses Phänomen teile ich mit vielen Frauen. In einer Handtasche Ordnung zu halten ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Da wäre es ein Vorteil, die Fähigkeiten eines Blinden zu haben, um ohne in Hektik zu verfallen das Gesuchte einfach zu erfühlen.
Wie auch immer: Etwas zu suchen bringt den Kreislauf in Schwung, hinterher ist die Freude groß und ich gelobe stets Besserung. 🙂
Danke Jutta für deinen tollen Kommentar! Du hast natürlich recht, Ordnung ist ein Thema das alle betrifft. Da ich vor vielen Jahren eine Ausbildung zum Gedächtnistrainer absolviert hatte, kann ich vielleicht an dieser Stelle folgenden Tipp geben: Oft reicht es schon aus, wenn man etwas bewusst macht, also etwas aufmerksam weglegt, vielleicht dazu noch einen Satz spricht, wie zum Beispiel: ich lege dich jetzt an diesen Ort um dich später wieder zu finden. Wenn man sich das dann auch noch einmal visualisiert, gern auch mit einem verrückten Bild, wie: die Heckenscheere, die einem um die Ohren saust und versucht einem die Haare zu schneiden, dann klappt es meistens ganz gut sich später wieder an den Ort zu erinnern. 😉 Wenn das auch nicht hilft, tja, dann muss man sich eben eine anderre Strategie einfallen lassen. 🙂