Im Dunkeln ist gut munkeln!
„Im Dunkeln ist gut munkeln!“, an dieser Redewendung ist bestimmt etwas dran. Doch gibt es auch noch andere Aspekte der Blindheit, die ich als positiv betrachten würde. Schließlich ist Blindheit, wie alles andere auch, eine Sache die man von mehreren Seiten aus betrachten kann, denn sieht man nur das negative, wird es ein wenig einseitig.
Jetzt wirst du dich vielleicht fragen: Was bitte schön sollte daran positiv sein? Nun ja, klingt im ersten Moment vielleicht ein wenig seltsam, zugegeben, doch du wirst schon sehen das eine oder andere gibt es eben doch! Wobei, um hier keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, ich könnte getrost auf alles was ich hier aufzähle verzichten, positiver Aspekt hin oder her. 😉
Im Dunkeln bleibst du ewig jung!
Einer der positiven Aspekte der Blindheit ist nicht mehr zu altern oder nur kaum, zumindest nicht äußerlich. 😉 Und das gilt nicht nur für mich, sondern auch für die anderen, vor allem jene, welche ich noch aus der Zeit als Sehender kenne. Wie ich das meine? Nun, ganz einfach, denn die Vorstellung, die ich mir von meinem Aussehen und das der Anderen mache, beruht auf Erinnerungen aus alten Tagen. Tagen in denen ich und die Anderen noch attraktiv (hüstel, hüstel) jung und knackig waren.
Sicherlich, die Bilder verblassen inzwischen ein wenig, die lichten Haare lassen sich erspüren, doch die Veränderungen des restlichen Antlitz, beziehungsweise das der Anderen bekomme ich nicht unbedingt mit, kann also nur begrenzt in meine Vorstellung einfließen. Und wie ist das bei den Leuten, die ich erst hinterher kennengelernt habe oder kennenlerne? Nun, da ist es eigentlich ähnlich, Ich mache mir bei der ersten Begegnung ein vages Bild von der Person, und das bleibt dann weitestgehend unverändert über die Jahre hinweg bestehen. Das ist auch meistens ganz in Ordnung, nur wenn ich über das tatsächliche Aussehen einer Person informiert werde, kann es sein, dass es meine Vorstellung ganz schön durcheinander wirbelt. Doch damit hab ich eigentlich kein Problem, wenn ich vor dem Spiegel stehe, brauche ich mir jedenfalls über weitere Falten keine Gedanken zu machen! Der Song: „For ever young“, bekommt dann eine ganz neue Bedeutung! ☺
Ein weiterer, nicht ganz unwesentlicher positiver Aspekt der Blindheit ist, der des Energiesparens. In vielen Situationen, zum Beispiel beim Gang zur Toilette, Badezimmer, oder in meinem Büro benötige ich kein Licht, zumindest dann nicht, wenn ich alleine im Raum bin. Nachdem es für mich keinen Unterschied macht, lass ich es eben aus. Seltsam wird es nur dann, wenn, meine Kinder am Abend, zum Gute Nacht sagen, in mein Büro kommen und vorher das Licht anschalten müssen, um mich im Stockfinsteren zu finden. 😉
Sparsam wird es auch beim Umgang mit dem Computer oder mit Geräten, wie dem Bildschirm. Im Dunkeln spielt die Bildschirmanzeige keine Rolle, also bleiben bei mir diese Geräte einfach aus, um Energie zu sparen. Sehende sind da immer ein wenig irritiert, vor allem dann, wenn sie einen Blick auf ein Programm werfen sollen, dass mir gerade Probleme bereitet. Dann bekomme ich häufig einen verdutzten Einwand zu hören: „Ähhm, dein Bildschirm ist ja schwarz, wie soll ich dir jetzt helfen?“
Im Dunkeln überzeugt Persönlichkeit.
Die Blindheit kann auch positive Aspekte im Umgang mit anderen Personen haben. Ich habe, so glaube ich jedenfalls, weniger Vorurteile gegenüber anderen Personen. Denn im Gegensatz zu Sehenden stecke ich mein unbekanntes Gegenüber nicht sofort in eine Schublade. Da das Aussehen für mich eine Rolle spielt, sind in den ersten Momenten eher die Faktoren. Anstand, Respekt und Interesse entscheidend. Also, wie werde ich begrüßt oder angesprochen, über welche Themen unterhält man sich, findet man eine ähnliche Wellenlänge und ist sich sympathisch? So achte ich viel mehr auf die Persönlichkeit meines Gegenübers. Einzig die Stimme oder die Art zu sprechen, der Dialekt, kann manchmal im Wege stehen. 😉
Für mich ein vielleicht letzter positiver Aspekt der Blindheit: Meine restlichen Sinne wurden dadurch geschärft. Denn wo Sehende den Großteil ihrer Informationen über die Augen aufnehmen, muss ich diese mit den verbleibenden vier Sinnen kompensieren, wodurch diese besser trainiert sind und meine Wahrnehmung in diesen Bereichen gesteigert ist. Dieser Aspekt kommt auch bei der Ausübung einiger Berufe zum Tragen. Blinde profitieren Blinde in den Berufen: Klavierstimmer, Masseur und Frauen, die als medizinische Tastuntersucherin, in der Krebsvorsorge, tätig sind.
Ich habe durch meine Blindheit beruflich keinerlei Vorteile. Obwohl, dank meines sensiblen Gehörs, konnte ich meinem Kollegen, der mich mit in die Arbeit nimmt, schon vor kleineren Wasserschäden warnen, weil ich ihn auf ein leicht geöffnetes Wagenfenster aufmerksam machte. Oder als ich im Haus das Leck bei einem Wasserrohrbruch lokalisierte. Alles vielleicht nicht so spektakulär, doch gibt es immer wieder Situationen, wo ich von meinen geschärften Sinnen profitiere, und sei es nur, dass ich erkenne ich bin in der Toilette und nicht im Brotzeitraum. ☺
Mit anderen Worten: Wo Schatten ist, da ist auch Licht! Und sollte einmal spät am Abend der Strom ausfallen, ich hab kein Problem im Dunkeln, um im finsteren Keller die Sicherung wieder anzuschalten. 😉