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Gepostet on Jun 6, 2017 in Allgemeine Themen | 8 Kommentare

Die Braille-Zeile für blinde Computernutzer

Die Braille-Zeile für blinde Computernutzer

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Die Braille-Zeile ist sozusagen der Bildschirm für Blinde. Blinde lesen ja mit den Fingern. Anders gesagt: Wir ertasten mit den Fingerkuppen die Braille-Schrift. Damit nun auch wir Blinde einen Computer nutzen können, gibt es die Braille-Zeile. Was es damit auf sich hat und wie es funktioniert, erzähle ich im heutigen Beitrag.

Die Braille-Zeile, ein Display der besonderen Art

Ich nenne es mal Bildschirm für die Finger. Oder klingt das seltsam? Doch im Grunde macht dieses Display genau das. Es bildet den Inhalt (Buchstaben, Worte, Texte) fühlbar, also in Punktschrift ab. Damit das auch funktioniert muss der Computer mit einem sogenannten „Screen-reader“, eine Art Übersetzungsprogramm ausgestattet sein.

Die Braille-Zeile kannst du dir wie ein längliches Kästchen vorstellen. Dieses steht üblicherweise vor der Tastatur. Mit der Braille-Zeile kann ich ganz bequem Texte lesen und auch korrigieren. Zudem verfügt das Gerät über Navigationstasten mit deren Hilfe ich mich schnell über den Bildschirm bewegen kann.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Braille-Zeilen-Hersteller und auch unterschiedliche Modelle. Doch allen gemeinsam ist die Verwendung der Braille-Elemente, Cursorrouting-Tasten sowie Funktionstasten zur Navigation auf dem Bildschirm. Die Länge einer Braille-Zeile richtet sich nach der Anzahl der verbauten Braille-Elemente. Mit anderen Worten: Je nach Einsatzzweck können 12 bis 80 Zeichen dargestellt werden.

Wie bringt man Punktschrift auf ein elektronisches Gerät?

Eigentlich eine hochkomplexe Angelegenheit, doch im Grunde genommen ganz simpel. Stell dir einfach vor: Die Punkte werden durch kleine Stifte dargestellt. Je nachdem welcher Stift zum Einsatz kommt, wird dieser mechanisch (mittels Piezoelektrik) aus dem Gehäuse gedrückt, oder eben nicht. Durch diesen Prozess entstehen fühlbare Zeichen, die wiederrum zu Worten und Texten werden.

Besonderheiten des Computerbraille

Die Computerbraille verfügt über acht statt sechs Punkte, wie bei der normalen Braille-Schrift. Bei der Standardbraille kann man sich noch mit Ankündigungszeichen für Zahlen, Großschrift und ähnlichem behelfen. Beim Computer musste man sich hingegen etwas anderes einfallen lassen. Also fügte man den bestehenden drei Reihen eine vierte Reihe hinzu. Mit diesen zusätzlichen Punkten sieben und acht können nun alle Zeichen abgebildet werden.

Meine erste Begegnung mit der Braille-Zeile

Im ersten Halbjahr meiner Reha lag einer der Schwerpunkte beim Erlernen der Punktschrift. So erlangte ich, nach meinem Unfall wieder ein Stück Selbständigkeit, und nicht zu vergessen, Selbstvertrauen zurück. Dazu gibt es auch einen Beitrag: Blindenschrift, sechs Punkte änderten mein Leben. Durch das Erlernen der Computerbraille und dem Umgang mit dem Computer wurde dieses Gefühl allerdings nochmals getoppt. Ganz neue Möglichkeiten eröffneten sich plötzlich. Ich konnte wieder teilhaben an der Welt der Sehenden, zumindest was den digitalen Bereich anbelangte. 😉

Logisch, am Anfang hieß das erst einmal viel Fleiß und Mühe in Lernarbeit zu stecken. Du glaubst gar nicht, wie schwierig es ist, ein Medium zu verstehen, dass in erster Linie für Sehende konstruiert wurde. Letztendlich hieß es nicht nur das Computerbraille und den Umgang mit dem Computer zu erlernen, sondern vor allem ständig an neue Grenzen zu stoßen. Jedenfalls war eine hohe Frustrationstoleranz gefragt. Doch am Ende der Reha war ich tatsächlich in der Lage den Computer und die Standardprogramme sicher zu bedienen. Darüberhinaus fühlte ich mich wieder als Teil der Gesellschaft, dank der Zugänglichkeit von E-Mail und Internet. Dieses Erfolgserlebnis weckte mein Interesse an Computertechnik und den neuen Medien. Nicht zuletzt wurde in dieser Zeit der Grundstein meines Blogs gesetzt!

Die Bedeutung der Braillezeile in der heutigen Zeit

Ist die Punktschrift oder eben die Braille-Zeile noch zeitgemäß? Eine gute Frage. Schließlich gibt es inzwischen sehr gute und verständliche Sprachausgaben. Nun gut, die Sprachausgaben werden immer besser, was mich natürlich freut. Dennoch: Es gibt noch genügend Anwendungen bei denen die Braille-Zeile eine große Hilfe darstellt.

Ein ganz wesentlicher Faktor ist beispielsweise das Korrigieren von Texten. Das Suchen nach Textfehlern finde ich mit der Sprachausgabe noch immer sehr umständlich. Ganz abgesehen davon ist es mir auch schon passiert, dass ich Elemente auf Webseiten nur über das Cursorrouting der Braille-Zeile aktivieren konnte. Mit anderen Worten die Braille-Zeile ist und bleibt ein wichtiges Hilfsmittel!

Mein Fazit: Die Braille-Zeile ist ein Gewinn in meinem Alltag. Ich wollte nicht darauf verzichten!

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8 Kommentare

  1. Hallo David! Über die Braille-Zeile bin ich auf deinen Blog gestoßen. Deine Schilderungen aus dem Alltag sind mir sehr vertraut.Zur Erklärung ganz kurz: meine jetzt 20 jährige Enkelin erkrankte vor 6 Jahren an einem Hirntumor und erblindete nach OP innerhalb weniger Tage. Sie kämpft sich genau wie du positiv durch das Leben. Deinen Schreibstil finde ich umwerfend. Habe noch nicht alle Beiträge gelesen,geschieht noch. Die besten Wünsche weiterhin, bleib dran, ich tue es auch. Viele Grüße Petra

    • Liebe Petra, vielen Dank für deine netten Worte! Freut mich dass dir mein blog gefällt und dich meine Texte begeistern. Das mit deiner Nichte ist natürlich sehr traurig, aber das Schicksal meint es eben nicht immer gut mit einem. Wichtig ist aber dennoch, immer zu versuchen das Beste daraus zu machen. Also bleibt weiterhin stark, und grüß mir deine Nichte ganz herzlich! Lieben Gruß David 🙂

  2. Danke für deinen Beitrag. Kannst du in Punktschrift ausdrucken ? Liebe Grüße Inge

  3. Wieder seeeehr interessant David!
    Danke für Deine Beiträge… ich bewundere Dich wie Du das alles gemeistert hast und noch meisterst!
    Chapeau!

    • Vielen Dank, das geht wie immer runter wie Öl! 😉 Gruß David

  4. Wieder ein schöner Blogbeitrag. Was ist mit den Bildern auf den einzelnen Seiten, wird dazu auch irgendwas übersetzt? Liebe Grüße, Anna von einfach nähen

    • Vielen Dank Anna für das tolle Lob! Die Bilder sollten eigentlich mit einem Alternativ-Text unterlegt sein. Lieben Gruß David

      • Hallo David,
        Deinem Fazit kann ich mich nur anschließen und hinzufügen, dass die drahtlose Verbindung eines Smartphones mit einer kleinen Braillezeile das Leben als Blinder noch einfacher macht, weil man egal, wo man gerade ist, sich die ganze schöne digitale Welt heranholen kann. Mein iPhone ist zwar per Voice Over schon wie ein „digitales schweizer Taschenmesser“ gewesen, doch seit ich es mit einer mobilen Zeile gekoppelt habe, ist die ganze Handhabung einschließlich dem Korrigieren von Schreibfehlern etc., wie Du geschrieben hast, noch besser geworden.
        Bequemer macht es die Braillezeile auch: so liege ich jetzt gemütlich auf dem Sofa und tippe mit der FS Focus 14 blue auf dem Bauch und dem sprechenden Smartphone auf dem Tisch diesen Kommentar und danke Dir für die gute Darstellung der Blindheit mit all ihren FACETTEN, von denen die sehenden Mitmenschen meist keine Ahnung haben. Dein Blog hat das sicher bei einigen schon geändert.

        Viele Grüße
        Max

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